Im Satiremagazin Die Anstalt vergleichen Max Uthoff und Klaus von Wagner Bibel und Koran und thematisieren Gewalt in den Religionen.

 

Arbeitaufträge

1) Welche positive Absicht verfolgen Max Uthoff und Claus von Wagner mit Ihrem Sketch? Was wollen Sie mit dem Sketch erreichen? Welche gesellschaftlichen Diskussionen greifen sie damit auf? An wen ist der Sketch adressiert?

2) Der Stadtjugendring veranstaltet eine Diskussionsrunde zum Thema „Gewalt in den Religionen“. Zu Beginn der Veranstaltung soll der Sketch aus der Anstalt gezeigt werden. Im Anschluss sollen die Gäste Stellung dazu beziehen. Sie sind in der Jugendgruppe der örtlichen Moschee engagiert und wurden ebenfalls eingeladen, um ein Statement abzugeben und an der Diskussion teilzunehmen. Zur Vorbereitung notieren Sie sich Argumente zur Verteidigung des Korans.

3) Sie treffen sich mit weiteren Gemeindemitgliedern, um ihre Argumente auszutauschen.

Bilden Sie Arbeitsgruppen und vergleichen Sie Ihre Aufschriebe.

4) Während Sie in Gruppenarbeit Ihre Argumente austauschen, kommt der Imam vorbei. Er weist Sie darauf hin, dass Max Uthoff im Video ein kleiner Fehler unterlaufen ist. Am Anfang des Sketches nennt er „Koran Sure 2, Vers 19“, meint aber Sure 2, Vers 191.

Setzten Sie den Koranvers (2:191) in einen richtigen Zusammenhang (Kontext)! Gehen Sie folgendermaßen vor:

  • Lesen Sie auch die Sätze vor und nach der Stelle „Tötet sie, wo immer ihr sie antrefft“.
  • Beachten Sie vor allem Vers 2:190 und Vers 2:193.
  • Beachten Sie folgende Fragen: Von wem ist die Rede, wer ist gemeint? In welcher Situation wurde der Vers offenbart? Wie war die Situation der Muslime? (Tipp: medinensisch, Quraisch, junge Gemeinde, Recht auf Selbstverteidigung)

Besprechen Sie sich in der Gruppe und bereiten Sie eine gemeinsame Erklärung vor.

5) Bei der Beurteilung einzelner Koranstellen muss immer auch die Gesamtaussage des Korans gewahrt bleiben. So gilt im Islam eine allgemeine Friedenspflicht. Es ist legitim an dieser Stelle einzelne Koranverse, die zum friedlichen Miteinander aufrufen, einzubringen. Ergänzen Sie die Erklärung mit einigen Koranversen, die das friedliche Zusammenleben betonen. Auch können Sie Ihre Erklärung mit Regeln und Beschränkungen, die der Islam bei kriegerischen Auseinandersetzungen vorschreibt, ergänzen. Abschließend können die Erklärungen der einzelnen Gruppen verlesen werden.

6) Das Schreibgespräch: Bilden Sie Gruppen zu vier Personen. Zwei Personen versetzen sich in die Position von gläubigen Muslimen, zwei andere in die Position von überzeugten Verfechtern des Grundgesetzes. Thema des Schreibgesprächs: das GG steht über dem Koran bzw. umgekehrt! Die „GG-Seite“ beginnt und schreibt ein Argument auf ein Blatt. Die „Koran-Seite“ erhält das Blatt, antwortet und gibt das Blatt zurück. Das Papier wandert so lange hin und her, bis Sie meinen, dass alle Ihre Argumente gefallen sind.

7) Die Ergebnisse der Schreibgespräche können vorgelesen werden. Alternativ kann aber auch auf Grundlage der Schreibgespräche eine Podiumsdiskussion stattfinden.     

Am Ende des Schreibgesprächs und der Podiumsdiskussion sollen die Schüler/innen über ihre Rollen reflektieren. Wie haben Sie sich in Ihrer Rolle gefühlt? Von welchen Argumenten waren Sie selbst überzeugt? Welche Argumente sind Ihnen nur schwer über die Lippen gekommen?

 

Hinweise an die Lehrkraft

Stellen Sie die Schüler/innen nicht vor die Entscheidung GG oder heiliges Buch. Beides hat seine Berechtigung. In der Regel haben beide Dinge auch nichts miteinander zu tun. Das GG und Verfassungen allgemein regeln die Normen des menschlichen Zusammenlebens im Staat. Heilige Schriften verweisen auf das Transzendente und beinhalten Regeln bezüglich religiöser Bräuche. Für die Mehrzahl der Muslime besteht zwischen Demokratie und Islam kein Widerspruch. So finden sich zum Beispiel weder im Koran noch in der Prophetenüberlieferung Hinweise zur konkreten Herrschaftsausübung. Der Koran ist eine wichtige, aber auch sehr eingeschränkte Rechtsquelle.[1]

Die Scharia (šarīʿa, „Weg zur Wasserquelle“) gilt als das sogenannte „Islamische Recht“. Nach der gängigsten Zählung umfasst der Koran 6236 Verse. Die Zahl der „Verse, die auf eine rechtliche Beurteilung schließen lassen“ (āyāt al-akām) wird auf eine Zahl zwischen zwei- und fünfhundert geschätzt, wobei sich rund zwei Drittel dieser Verse auf gottesdienstliche Handlungen und nicht auf das zwischenmenschliche Zusammenleben beziehen.

Aufgabe der Scharia ist es, den Gottesbezug zwischen Mensch und Gott zu definieren, ähnlich dem Nominatio dei im Grundgesetz, wonach auf „Gott“ als diejenige für den Menschen unverfügbare Instanz verwiesen wird, vor der er Verantwortung tragen muss. [2]

Die islamische Gelehrsamkeit hat „klassische fünf Güter“ definiert, denen religiöse, soziale, moralische und rechtliche Normen unterzuordnen sind. Diese klassischen fünf Güter sind der Schutz des Lebens, des Eigentums, der Vernunft (Bildung), des Glaubens, der Nachkommenschaft (Familie).[3]

Diese fünf Güter, die sich früh in der klassischen Gelehrsamkeit entwickelt haben, wurden festgeschrieben und sollen zeitlos sein. Jedoch ist die Ausgestaltung durch die konkreten sozialen, moralischen und rechtlichen Normen nach Ort und Zeit wandelbar. Das Konzept der Scharia ist zunächst als Annäherung an die göttliche, für den Menschen nicht verfügbare Instanz, zu betrachten.

Scharia bezeichnet demnach kein bestimmtes festgelegtes Regelwerk oder einen fixierten Gesetzestext, sondern meint zunächst nur den Umstand, eine Sache im Sinne von Koran und Sunna zu spezifizieren. Scharia ist die von Gott gesetzte Weltordnung, die es zu erforschen gilt. Sie ist die Summe der göttlichen Beurteilungen der menschlichen Handlungen. Diese göttliche Beurteilung (ukm, Pl. akām) ist zunächst keine gerichtsverbindliche Rechtsbestimmung oder gesetzliche Vorschrift, sondern der göttliche Text in Gesamtheit, der mit dem menschlichen Handeln verknüpft ist. Dieser Text entspricht dem wohlverwahrten „Buche“ im Himmel. Der Koran ist hieraus nur ein Ausschnitt, der für die Menschen erfahrbar wurde. Diese menschlichen Handlungen unterliegen nun der göttlichen Beurteilung, die von Anbeginn oder spätestens ab dem Zeitpunkt der Offenbarung feststeht.[4] 

 

Leitfragen

Welche zentrale Aussage macht das Video?

Wer wird angesprochen und wer spricht? Was wird hier kritisiert und wie fühlst Du Dich damit?

Was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der heiligen Schriften Bibel und Koran?

 

[1] Vgl. Thomas Bauer, Die Kultur der Ambiguität, 2011, S. 143

[2] Vgl. Hans Michel Heinig, Hendrik Munsonius (Hg.), 100 Begriffe aus dem Staatskirchenrecht, Tübingen 2012, S. 73.

[3] Vgl. Ömer Özsoy, Die fünf Aspekte der Scharia und die Menschenrechte. In: Forschung Frankfurt. Das Wissenschaftsmagazin, Frankfurt/M. 1/2008, S. 24.

Vgl. Mathias Rohe, Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., München 2011, S. 66. 

[4] Vgl. Bauer 2011, S. 158.