Islam und Comedy
Islam und Humor, so scheint es auf den ersten Blick, schließen sich gegenseitig aus. Wer über den Islam nur aus den Medien erfährt, dem könnten die Anschläge auf das Satiremagazin Charlie Hebdo in Paris (07.01.2015) als Beleg für diesen vermeintlichen Antagonismus dienen. Schaut man heutzutage genau hin, wird eine vielfältige humoristische Beschäftigung mit Islam sichtbar, so beschäftigen sich in Deutschland verschiedene Genres wie Karikaturen, Kabarett und Stand-up Comedy mit Islam. Zahlreiche muslimische wie nicht muslimische Autoren nutzen Humor, um die Religion zu kritisieren, andere, um aus muslimischer Perspektive der deutschen Mehrheitsgesellschaft den Spiegel vorzuhalten und befremdliche oder diskriminierende Erfahrungen auf unterhaltsame Weise zu vermitteln. Humor ist subjektiv, daher kann das, worüber die eine lacht, den anderen verletzen. Das Thema Islam und Comedy steht also im Spannungsfeld von Meinungsfreiheit, dem Schutz des Bekenntnisses und dem persönlichen Empfinden des Einzelnen und somit stellt sich die Frage, was darf Comedy, was darf sie nicht, wer entscheidet, was lustig ist und was muss man letztlich einfach aushalten?
Tatsächlich wurde Humor im Islam stets auch kultiviert. Davon zeugen Figuren wie „Nasreddin Hodscha“ im türkischen und „Dschuha“ im arabischen Raum. Beide Figuren stehen für einen hintersinnigen und schalkhaften Humor. Ihre Geschichten sollten zum Nachdenken und Neudenken anregen. Doch auch von Prophet Muhammad und seinen Gefährten wird überliefert, dass sie Späßen nicht abgeneigt waren und sich gegenseitig „hochnahmen“. Allerdings waren es keine Witze, die den anderen herabwürdigten. In Hadithen wird Muhammads feinsinniger Humor und gelegentliches Scherzen beschrieben. Als eines Tages eine alte Frau zum Propheten kam und fragte, ob sie alte Frau denn überhaupt ins Paradies eingelassen werde, da scherzte er und verneinte dies. Die Frau reagiert irritiert und Muhammad erwiderte lachend, dass sie jung, schön und ohne Leid ins Paradies eingehen würde.
Laut einer anderen Überlieferung kam eines Tages ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb zum Hause des Propheten Muhammad und klopfte an dessen Tür. Im Haus saß Muhammad mit einigen Frauen aus dem Stamm der Quraisch (Quraiš). Wie der Hadith weiter erzählt, sprachen sie mit ihm und überhäuften ihn mit Fragen. Als Umar nun klopfte und mit lauter Stimme um Einlass bat, standen die Frauen auf und zogen sich ihre Tücher über. Umar war für seinen aufbrausenden Charakter bekannt. Als er dann eingetreten war, fand er den Propheten lachend vor. Umar sprach verwundert: „Allah möge dich immer fröhlich sein lassen, o Gesandter.“ Da sagte Muhammad zu ihm: „Als die Frauen deine Stimme hörten, hatten sie es eilig, den Schleier anzulegen.“ Umar maßregelte die Frauen: „Empfindet ihr mir gegenüber mehr Ehrfurcht als gegenüber dem Gesandten Gottes?“ Die Frauen aber erwiderten: „Ach, du bist im Gegensatz zu Prophet Muhammad grob und rau!“ Damit Umar nun nicht sein Gesicht verliert, sagte Muhammad auf seine feinsinnige Art: „Es ist so, o Sohn des al-Ḫaṭṭāb. Sobald Satan dich sieht, wird er einen anderen Weg einschlagen.“[1] Mit einem Lob auf Umars Gerechtigkeitssinn hat Muhammad verhindert, dass Umar sich bloß gestellt fühlt - ohne ihm aber in der Sache Recht zu geben.
Auch im Koran gibt es entsprechende Textstellen. So wird in Sure 21:58-63 beschrieben, dass Ibrahim, als er die Statuen zerstört hatte, die größte Statue ganz ließ. Auf die Frage König Nimrods, wer denn die Götter zerstört hat, antwortete Ibrahim verschmitzt, dass es der große Götze war.
Darüber hinaus verfügt aber auch ein kritisch-beißender Humor über Tradition in der islamisch geprägten Welt. Davon zeugen vor allem Schmähgedichte auf Mächtige. Gemeinsam mit den Lobgedichten bilden die Schmähgedichte sogar eine eigene Literaturgattung.
Lernziele:
Politisch-bildnerisch: Auseinandersetzung mit Meinungsfreiheit und persönlichen Grenzen. Ist es angemessen, Witze über Gewalt oder Religion zu machen? Wer bestimmt die Grenze?
Medienpädagogisch: Reflexion von Dynamiken zwischen Sender, Empfänger und Botschaft. Wer lacht über wen? Wie unterscheidet sich Humor danach, wer ihn verbreitet und wer angesprochen wird?
Religionspädagogisch: Beschäftigung mit Humor in der Religion. Wie steht der Koran zu Humor? Welche Arten von Islamkritik und welche Antwort auf Kritik von außen kennt der Islam?
[1] Erzählt nach Buchari, Nr. 3683.
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Weiterführende Materialien und Informationen
Weitere Unterrichtseinheiten zum Thema Islam und Humor finden Sie unter auf der Plattform zwischentoene.info des Georg-Eckert-Instituts.
Informationen zum Einsatz von YouTube im Unterricht:
Lehrer-Online: Einsatz von YouTube im Unterricht
Bildungsportal des Landes NRW: Urheberrecht in Schule und Unterricht